Der von Orbán verbotene Budapest Pride hat stattgefunden, eine Sensation. Mit weit über 100.000 Menschen, die für ihre Grundrechte demonstriert haben. CSD-»Paraden« werden auch in Deutschland zunehmend von rechtsextremen Gruppen behindert. In vielen Städten sind Genehmigungen, angeblich aufgrund der Sicherheitslage, gefährdet oder zurückgenommen worden.
Nicht nur wegen sich zurückziehender Sponsoren wird es Zeit, dass sich die Demos zum Christopher Street Day neu aufstellen, und es braucht endlich eine neue Medienberichterstattung – von Journalist:innen, die nicht nur »schrille« Bilderstrecken der dpa zusammenstellen, sondern selbst vor Ort sind und die Ernsthaftigkeit, die Wut, das politische Bewusstsein der Demonstrant:innen sehen und würdigen.
Die Organisator:innen des ColognePride nennen die »Parade« am ersten Julisonntag, den Höhepunkt ihres mehrwöchigen Programms, seit Jahren konsequent, fast trotzig eine »Demonstration«. Tatsächlich war der ColognePride immer schon ein politischer Akt, ein Bekenntnis, eine Forderung nach strikter Anwendung und Durchsetzung von Menschenrechten.
Doch dies ging zwischen Berlin und Köln oft unter in einem Kampf darum, wer den längsten hat: den längsten Zug, die größte Anzahl von Wagen und beteiligten Unternehmen. Ist doch geil, dass Banken, Versicherungen, Autofirmen sich nicht nur fix Logos in Regenbogenfarben auf Insta bappen und die »Charta der Vielfalt« unterschreiben, sondern auch Tänzer:innen und DJs einkaufen, um auf der Parade zu zeigen, wie unglaublich divers und fortschrittlich sie sind. Gutes Image bringt gutes Geld. Doch nicht nur SAP hat schon gezeigt, dass all dies nur stattfindet, so lange es gut fürs Image und die Verhandlungen in Hinterzimmern mit Regierungen ist. Und wenn die sogenannte Stimmung sich dreht …
Unternehmen kümmern sich um ihr Geld, nicht um Menschenrechte. Oder letzteres eben nur so lange, wie sie damit Geld verdienen können.
Eine kürzere Parade und weniger Sponsorengeld sind aber auch vielleicht eine Chance: Nicht nur, weil die unglaubliche Zahl von ehrenamtlich arbeitenden Initiativen, die beim Kölner Pride seit Jahrzehnten für unsere politischen Ziele kämpfen, wieder eine Chance bekommen, gesehen zu werden und Menschen am Straßenrand vielleicht wieder bis zum Schluss dabeibleiben, anstatt vorzeitig ermattet den nicht enden wollenden Fluss heuchelnder Firmen-Trucks zu verlassen. Sondern auch, weil Medien vielleicht einmal hinschauen, diese Initiativen und die wahren Demonstrant:innen für Menschenrechte wahrnehmen und darüber berichten. Anstatt es sich mit den »schrillen« Bildern bequem zu machen. Natürlich klicken Halbnackte und Hundemasken besser. Aber Medien sind nicht dazu da, schnelle Klicks zu kriegen.
Budapest 2025 zeigt uns, was in Köln, Wanne-Eickel, Bautzen und Passau einmal nötig sein könnte. Zeigen wir, dass wir die Konzerne nicht brauchen, dass wir selbst kämpfen können, und fordern wir von Medien eine angemessene Berichterstattung ein. Happy Pride!
