Die Marquise und die Männer

Sprechen wir über Die Marquise von O….

Eine wunderbare Geschichte: Eine Frau stellt fest, dass sie schwanger ist, ohne sich daran erinnern zu können, wie es dazu kam – ihre Eltern glauben ihr nicht und verstoßen sie, doch die Frau nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand, findet den Vater ihres Kindes, verliebt sich in ihn und heiratet; mit den Eltern kommt es zu einer tränenreichen Versöhnung.

Eine grausige Geschichte: Eine Frau entkommt knapp einer Massenvergewaltigung, schläft vor Erschöpfung ein und wird ausgerechnet von ihrem Retter im Schlaf vergewaltigt, dabei wird sie schwanger. Die Eltern lassen ihre Tochter mit den traumatischen Erlebnissen völlig allein und verstoßen sie. Der schwangeren Tochter gelingt es, mit ihrem Kind, das sie aus früherer Ehe hat, sich als alleinerziehende Mutter eine neue, selbstständige Existenz aufzubauen. Parallel macht sie sich auf die Suche nach dem Vater des ungeborenen Kindes. Ihre Mutter baut neuen Kontakt zu ihr auf, und sie kann sich mittels einer List, die sie gegenüber ihren eigenen Tochter anwendet, und daraufhin ihren Mann davon überzeugen, dass die Tochter für ihre außereheliche Schwangerschaft tatsächlich nichts kann. Der Vater, der gerade noch mit seiner Tochter nie wieder etwas zu tun haben wollte, fällt mit körperlichen Zärtlichkeiten, die deutlich ins Inzestuöse lappen, über sie her. Als die Tochter endlich vor dem Mann steht, der sie im Schlaf vergewaltigt hat, bezeichnet sie ihn zunächst als Teufel – und heiratet ihn dann doch, vorgeblich glücklich.

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Sie hat ihn wirklich aufgegeßen den Achill vor Liebe

Was für ein eigenartiger Brief! Sprachlich, inhaltlich, orthographisch fällt er aus allem heraus, was ich bisher an Briefen Kleists zu Gesicht bekam. Er schreibt in einem Brief im Spätherbst 1807 an Marie von Kleist, Cousine und langjährige Geldgeberin. Weiterlesen

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Ich und Ach

Noch einmal zu Amphitryon. Kleist bezeichnet es als ein Lustspiel nach Moliere, und der wiederum griff auf gleich mehrere Vorbilder zurück, darunter die altrömische Komödie von Plautus. Vieles, was an Kleists Version fasziniert, findet sich so oder sehr ähnlich auch bei seinen Vorbildern, z.B. die Szene, in der Merkur in der Gestalt von Amphitryons Diener Sosias den echten Sosias so lange verprügelt, bis der ermattet seine Identität aufgibt – in durchaus erheiternder Kurzform ist hier das Thema des Stücks, der Alptraum des Identitätsverlusts in Form der Komödie, gleich im ersten Akt zusammengefasst. Aber was bei Kleist wie eine Neuübersetzung von Molières Stück anhebt, leicht gekürzt, aber nah am Original, entfernt sich von der französischen Version immer mehr – als habe Kleist beim allmähligen Schreiben seine eigenen Schwerpunkte erst gefunden. Weiterlesen

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Allein gegen die Obrigkeit

Der Pferdehändler Michael Kohlhaas ist der Willkür eines Adligen ausgesetzt, verliert seine besten Pferde und versucht verzweifelt unter Einsatz aller Mittel, Gerechtigkeit zu erlangen. Die junge Eve wird vom Dorfrichter erpresst: Wenn sie nicht mit ihm ins Bett geht, will er nicht den angeblich angeordneten gefährlichen Militäreinsatz ihres Verlobten verhindern. Hauptmann Amphitryon und sein Diener Sosias müssen feststellen, dass sie, siegreich heimkehrend aus der Schlacht, keineswegs sehnsüchtig erwartet werden, sondern inzwischen durch bessere Varianten ihrer selbst ersetzt worden sind: Jupiter und Merkur haben sich an ihre Stelle gesetzt, und beide werden von den Göttern so lange psychisch und physisch misshandelt, bis sie nicht mehr an ihre eigene Identität glauben. Drei Geschichten, drei beunruhigende, den Alptraum streifende Muster. Weiterlesen

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