Heinrich von Kleist über die Nutzung der Kernenergie

In seinem Brief an Wilhelmine von Zenge vom 15. August 1801 aus Paris äußert sich Kleist auch zur gegenwärtigen Debatte über die Beherrschbarkeit der friedlichen Nutzung der Kernenergie:

Ja, wahrlich, wenn man überlegt, daß wir ein Leben bedürfen, um zu lernen, wie wir leben müßten, daß wir selbst im Tode noch nicht ahnden, was der Himmel mit uns will, wenn niemand den Zweck seines Daseins u. seine Bestimmung kennt, wenn die menschliche Vernunft nicht hinreicht, sich u. die Seele u. das Leben und die Dinge um sich zu begreifen, wenn man seit Jahrtausenden noch zweifelt, ob es ein Recht giebt – – kann Gott von solchen Wesen Verantwortlichkeit fordern?

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Kant? Krise?

Hach, Kleist hat mal wieder eine Krise. Wir würden die Augen verdrehen, wenn wir nicht insgeheim seit Wochen schon darauf gewartet hätten: Die berühmte Kant-Krise, die muss doch jetzt bald kommen … Jetzt ist sie da, im Brief an Wilhelmine von Zenge vom 22. März 1801. Und, wir haben unseren Heinrich ja schon ein bisschen kennengelernt, ich gehe einmal davon aus, dass sich die Krise tatsächlich in erster Linie in diesem Brief abspielt und Kleists Kopf und Seele in Wirklichkeit nicht allzusehr belastet waren. Weiterlesen

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Plagiate

Es ist nur ein Brief, keine Doktorarbeit, und wir wissen nicht, ob Wilhelmine Kleist des Plagiates überführt hat. Ein Amt, von dem ihr Verlobter hätte zurücktreten können, gab es jedenfalls nicht. Günter Blamberger weist in seiner Biografie darauf hin, dass die schöne Passage, auf die ich in dem Text „Täglich“ hingewiesen habe, von Goethe abgeschrieben ist, und weder hat Kleist korrekt zitiert noch hielt er es für nötig, in einer Fußnote auf die Herkunft hinzuweisen. Der Satz steht am Anfang des fünften Buchs von „Wilhelm Meisters Lehrjahren“ und wird von Goethe Serlo in den Mund gelegt:

Er pflegte zu sagen: „Der Mensch ist so geneigt, sich mir dem Gemeinsten abzugeben, Geist und Sinne stumpfen sich so leicht gegen die Eindrücke des Schönen und Vollkommenen ab, dass man die Fähigkeit, es zu empfinden, bei sich auf alle Weise erhalten sollte. Denn einen solchen Genuss kann niemand ganz entbehren, und nur die Ungewohntheit, etwas Gutes zu genießen, ist Ursache, dass viele Menschen schon am Albernen und Abgeschmackten, wenn es nur neu ist, Vergnügen finden. Man sollte“, sagte er, „alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen.“

Tja.

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Falsche Adresse

Kleist schreibt einen Liebesbrief an Wilhelmine.

Nun gut, das Wort „Liebe“ kommt um 1800 / 1801 doch ständig in seinen Briefen an sie vor. Das Besondere an diesem Brief an Wilhelmine von Zenge vom 31. Januar 1801 ist, dass die Liebe nicht wirklich Wilhelmine gilt, sondern Kleists Freund Brockes, mit dem Kleist viel Zeit auf seiner Würzburg-Reise verbracht hatte. Weiterlesen

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