Funkstille

Kleist fährt nach Paris, verbrennt dort nach eigener Aussage alles, was er bisher in Sachen Robert Guiskard zu Papier gebracht hat und teilt in einem sehr kurzen Brief vom 26. Oktober 1803 an Ulrike von Kleist mit, dass er gedenkt, sich in eine napoleonisch-englische Schlacht zu stürzen und darin umzukommen. Der Himmel versagt mir den Ruhm, das größte der Güter der Erde; ich werfe ihm, wie ein eigensinniges Kind, alle übrigen hin. Dann ist Funkstille, es ist die letzte überlieferte Aufzeichnung Kleists für über ein halbes Jahr. Weiterlesen

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Wir sind das Volk

Das Fragment von Robert Guiskard, Herzog der Normänner umfasst in der von Kleist 1808 im Phöbus veröffentlichten Fassung gerade einmal 22 Seiten. Es ist möglich, dass Kleist nie mehr als diese wenigen Verse fertiggestellt hat. Zwei Jahre hat er sich mit diesem Stück abgequält, nicht nur er selbst stellte überhohe Erwartungen an sich; Christoph Martin Wielands ultimative Lobhudeleien auf die Ausschnitte, die Kleist ihm vorgetragen hatte, die den Autor in unmittelbare Nachbarschaft zu „Äschylus, Sophokles und Shakspear“ stellten, werden es Kleist nicht einfacher gemacht haben, weiter­zuschreiben – Günter Blamberger geht sogar so weit zu sagen, Wielands Lob habe Kleist in vielfacher Hinsicht mehr geschadet als genutzt, habe es ihm doch den Zugang zu den bedeutenderen und womöglich potentiell hilfreicheren Dichtern in Weimar, bei denen Wieland schon lange abgemeldet war, versperrt. Weiterlesen

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Wieland über Berufsperspektiven für freie Schriftsteller

Einen bemerkenswerten Text zitiert Günter Blamberger in seiner Kleist-Biografie, einen Brief Christoph Martin Wielands von August 1802 an seinen Sohn Ludwig, und das Zitat sei hier in Auszügen wiedergegeben – nicht nur, weil wir davon ausgehen dürfen, dass das Thema auch, als Kleist dort wohnte, am Wieland’schen Abendbrottisch Thema war, weil es Kleist unmittelbar betraf, sondern auch, weil es ein interessantes Licht wirft auf eine Zeit, die uns von heute aus betrachtet doch als eine Hochzeit der schriftstellerischen Tätigkeit in Deutschland erscheint. Weiterlesen

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Er thut’s

Jetzt muss ich aber doch noch einmal etwas über Die Familie Schroffenstein schreiben, und zwar über den berühmten Beginn des fünften Aufzugs. Kleists Freund Ernst von Pfuel soll behauptet haben, die Szene des Kleidertauschs von Ottokar und Agnes sei Ausgangspunkt und Keimzelle des ganzen Stücks gewesen, was sich etliche Germanisten kaum vorstellen können, auch Günter Blamberger zweifelt das in seiner Biografie ein wenig an und stellt sogar apodiktisch fest: „Der eilige Kleidertausch angesichts des nahenden Vaters wird in seiner sexuellen Bedeutung meines Erachtens überschätzt, er ist ein Komödienmotiv und an dieser Stelle ästhetisch und logisch fehl am Platz.“ Weiterlesen

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