Christoph Rieger, Schüler des Karl-Liebknecht-Gymnasiums in Frankfurt / Oder, hat in dem Raum, den er in der Kleist-WG gestalten durfte, dem ewig unbehausten Heinrich ein Zimmer eingerichtet. Das Projekt gehört für mich, so schlicht es auf den ersten Blick daherkommt, zu den berührendsten Objekten der ganzen Ausstellung.
Kleists Unvermögen, sich irgendwo dauerhaft einzurichten, wird auch in anderen Räumen der Kleist-WG und natürlich auch in den „großen“ Ausstellungen in Frankfurt und Berlin thematisiert, aber das Zimmer, das Rieger ihm eingerichtet hat und das gleichermaßen als Wohn- wie als Arbeitszimmer taugt, mit einem schönen Blick aus dem Fenster, einem Sofa und einem Kamin, verrät eine enorme, rührende Zuneigung. „Ich dachte mir, wenn Kleist jetzt am Leben wäre, was könnte er gebrauchen?“ schreibt Rieger in seinen Erläuterungen zu seiner Installation. Hier hat jemand versucht, sich in einen Menschen, der immer und überall unterwegs, quasi immer auf der Flucht war, hineinzufühlen und ihm ein sehr freundliches Angebot zu machen. Ein Raum, der eine nicht gelebte Utopie darstellt, der Raum, den Kleist nie hatte.
Einen längeren Wohnaufenthalt hatte Kleist in der Mauerstraße 53 in Berlin, heute liegt das in Mitte. Das Haus ist lange abgerissen. Das Gebäude, das an seiner Stelle steht, nennt sich „Kleisthaus“, wurde 1912 errichtet und gehört heute zum Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Eine Gedenktafel erinnert an Kleist. Als ich vor dem Haus stand, fragte ich mich, ob der „Projektemacher“ Kleist, der heute womöglich auch in Mitte seinen Lebensmittelpunkt hätte, bei seinen schwierigen Versuchen, finanziell über die Runden zu kommen, eine Chance auf Gründungszuschüsse seiner zuständigen Agentur für Arbeit gehabt hätte. Ich befürchte, mehr als ein bedauerndes Achselzucken, vielleicht kombiniert mit einem vonderleyenhaften Lächeln, wäre nicht drin gewesen.