Das Motto einer bekannten und erfolgreichen niederländischen Paartherapeutin gilt verblüffenderweise auch für eines von Kleists ersten Gedichten, das bestürzenderweise fast programmatisch erscheint für sein Liebesleben und das seiner Figuren. Doch lassen wir vielleicht erst Evje van Dampen selbst zu Wort kommen:
Ja, ja, doch, doch – Nicht aus des Herzens bloßem Wunsche keimt …, das Gedicht ohne Titel, ist ein Liebesgedicht, auch wenn’s man gar nicht glauben mag. Bis man begreift, dass Kleist von der Liebe spricht, muss man allerdings durch sieben lange Strophen durch, und die handeln, wie dann leider die abschließende achte Strophe auch, von Arbeit, Arbeit, Arbeit. Was allein der Jäger alles tun muss, um endlich seinen Hirsch zu ergattern:
Der Jäger muß in Feld u. Wald ihn suchen,
Wenn er daheim mit Beute kehren will.
Er muß mit jedem Halme sich berathen,
Ob er des Hirsches leichte Schenkel trug,
An jedes Baums entreiftem Aste prüfen,
Ob ihn sein königlich Geweih berührt.
usw. usw. bis schließlich,
Bis in der Wildniß dicksten Mitternacht,
Er kraftlos neben seine Beute sinkt.
Happy End also nach harter Arbeit, und so gehts nicht nur dem Jäger, nein, auch dem Perlenfischer, dem Bergmann, dem Bildhauer, dem Schiffer … und eben dem Liebenden. Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit, sonst ist es keine Liebe.
Wenn man verdaut hat, dass dieses Gedicht von einem 23-jährigen stammt, der es zudem mit einem begeisterten Brief versehen der Frau geschenkt hat, die er für seine Freundin hielt, wenn man sich irgendwann nicht mehr fassungslos an den Kopf fasst über so seltsam verquere Gefühlskrämpfe, keimt das Mitleid auf. Vor allem, weil wir ja schon wissen, wie es weiter ging. Leichte Liebesjubelbriefe und -texte, Texte, wie sie frisch verliebten sonst nur so von der Seele purzeln, werden keine mehr kommen. Naja, doch, einer vielleicht.