Einen bemerkenswerten Text zitiert Günter Blamberger in seiner Kleist-Biografie, einen Brief Christoph Martin Wielands von August 1802 an seinen Sohn Ludwig, und das Zitat sei hier in Auszügen wiedergegeben – nicht nur, weil wir davon ausgehen dürfen, dass das Thema auch, als Kleist dort wohnte, am Wieland’schen Abendbrottisch Thema war, weil es Kleist unmittelbar betraf, sondern auch, weil es ein interessantes Licht wirft auf eine Zeit, die uns von heute aus betrachtet doch als eine Hochzeit der schriftstellerischen Tätigkeit in Deutschland erscheint.
Dass Kleist trotz Wielands Einschätzung des Arbeitsmarktes 1802/1803 endgültig den ihm wohl einzig möglich erscheinenden Berufsweg des selbstständigen Schriftstellers einschlug, erstaunt um so mehr:
Weißt Du auch was Schriftstellerei, als Nahrungszweig getrieben, an sich selbst, und besonders heutzutag in Deutschland ist? Es ist das elendeste, ungewisseste und verächtlichste Handwerk, das ein Mensch treiben kann – der sicherste Weg im Hospital zu sterben … Ich weiß was Du mir sagen wirst – Romane, Schauspiele, Zeitschriften, Taschenbücher – und die Beispiele von Goethe, Schiller, Richter, Kotzebue, La Fontaine. – In der Tat machen diese fünf eine Ausnahme; aber was sind 5 gegen 6000 Buchmacher, die es itzt gibt? (…) Der Buchhandel liegt in einem so tiefen Verfall und wird mit jeder Messe so viel schlechter, daß selbst angesehene Buchhändler erschrecken, wenn ihnen ein Manuskript, das nicht einen schon berühmten Namen zum Garant hat, angeboten wird. (…) Mit Journalen ist vollends gar nichts mehr zu verdienen; es stechen zwar alle Jahre etliche Dutzend neue, wie Pilze aus sumpfichtem Boden, aus den schwammichten Wasserköpfen unsrer literarischen Jugend hervor; aber es sind Sterblinge, die meistens das 2. Quartal nicht überleben. (…)